WOHNLUST 23
Vor sechs Jahren, ein Hotel in München,
unweit des Viktualienmarkts. Zimmer auf-
schließen, wie immer führt der erste Gang
ins Bad, ein festes Ritual bei Erstbesuchen
in Hotels – und plötzlich stehe ich schon
neben dem Bett. Wenn auch nicht phy-
sisch, so doch optisch. Denn nur eine de-
ckenhohe Glaswand trennte die beiden
Räume. Der erste Eindruck: Zum Glück
übernachte ich hier allein. Heute weiß ich,
es war meine erste Begegnung mit einem
Badezimmer der Zukunft.
Inzwischen lassen sich derartige Lö-
sungen durchaus auch in privaten Wohn-
einheiten finden. Doch sie sind nur ein Bei-
spiel für eine Entwicklung, die man ruhig
einmal kühn mit Revolution umschreiben
darf. Denn aus dem einstigen Stiefkind
der Einrichtungskultur erwacht eine strah-
lende Schönheit. Der Funktionsraum wan-
delt sich zum Erlebnisreich. Man sagt auch
nicht mehr Bad und schon gar nicht Nass-
zelle, immer häufiger fallen Begriffe wie Pri-
vate Spa, Salon d`Eau oder Wellnessoase.
Das mag manchmal vielleicht etwas zu po-
etisch klingen, doch die Sachverhalte da-
hinter können durchaus zum Schwärmen
verführen.
Durch die Schiebetür
in den Garten
Was also passiert? Es sind mehrere Groß-
trends, die eine Grundlage schaffen für
ganz neue Überlegungen der Designer wie
auch für sich ändernde Wünsche von uns
Kunden. Wellness, Schönheit, Gesundheit
– mit einem Raum gesprochen: das Bad.
Dazu die Möglichkeiten, die neue Materi-
alien und moderne Technologien mit sich
bringen. Und obendrauf kommt dann auch
noch die Lust der Inneneinrichter nach der
Neujustierung der „guten Stube“, der Ein-
gliederung der Küche ins Wohnzentrum
nun eine weitere Einheit noch einmal von
Grund auf zu durchdenken.
Blicken wir also einmal in diese neuen Bad-
welten. Da stehen zum Beispiel zwei Bade-
wannen nebeneinander. Der Spiegel über
dem Waschbecken ist gleichzeitig ein Bild-
schirm. Das Wasser fällt wie ein Regen-
schauer auf den ebenerdigen Duschbo-
den. Hier steht eine Chaiselongue, dort
befindet sich ein Fitnessbereich. Die eine
Wand ist eine Schiebetür, durch die man
in den Garten gelangt. Und groß ist dieses
Bad, manchmal sogar unvorstellbar groß.
Natürlich bleibt das in der Summe für die
meisten von uns eine Illusion, aber auch
die Einzelkomponenten machen schon viel
her.
Ein meditativer Raum
Will man mehr über die Zukunft des Ba-
dezimmers erfahren, reist man am bes-
ten in die Vergangenheit. Schloss Har-
kotten, nahe Münster, eine barocke
Schönheit. Hier arbeiten Michael und
Christian Sieger. Ihre Designagentur gibt
Produkten aus ganz unterschiedlichen
Branchen Form und Ästhetik. Im Badseg-
ment gehören Duravit, Dornbracht und
Alape zu ihren Kunden. Man kann also
sagen, die Sieger-Brüder bestimmen ent-
scheidend mit, in welchem Ambiente wir
uns waschen, duschen und rasieren.
„Neben dem Wellness-Trend werden vor
allem Gesundheit und Wohlbefinden die
bestimmenden Themen der nächsten
Dekade, wenn nicht gar der nächsten Ge-
nerationen sein“, sagt Michael Sieger,
der Designer. „Das Bad entwickelt sich
weiter zu einem Rückzugsort und medi-
tativen Raum, in dem sich die Nutzer weit
über die grundlegenden Ansprüche an
die physische Pflege hinaus ihrem Geist
widmen und hingeben können.“ Christian
Sieger, unter anderem für das Marketing
zuständig, ergänzt: „Unsere Tage sind
genau verplant, Zeit wird immer mehr
zu einem Luxusgut. Und je mehr die All-
tagsbelastung steigt, desto dringender
benötigen wir Rückzugsräume, die der
Prävention und Prophylaxe dienen.“
Eine ihrer jüngsten Entwicklungen ist ei-
ne horizontale Dusche für Dornbracht.
„Mit dieser Lösung kombinieren wir den
Relax-Moment, uns ausgestreckt auf ei-
nen warmen Stein legen zu können, mit
der Effizienz einer Dusche“, erklärt Chris-
tian Sieger das Prinzip. „Ob eine wech-
selwarme Streichmassage oder pras-
selnder Regen – bei der regenerativen
Anwendung werden von der Fußsohle bis
zu den Schultern alle Körperpartien er-
reicht.“
Im Bad vibriert das Le-
ben
„Pop up my Bathroom“, so nennt sich ein
Trendforum, das die Messe Frankfurt und
die Vereinigung Deutscher Sanitärwirt-
schaft (VDS) vor vier Jahren eingeführt ha-
ben. Es geht hier darum, die großen Leitli-
nien für das Bad der
t
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