Immobilienlounge 01-2014 - page 103

sein. Nein, wir haben ja Wahljahr und es
wird jede Klientel, die einen wählen könn-
te, beschenkt. Wenn wir jedes Jahr 30 Mil-
liarden sparen würden, dann hätte ich Re-
spekt vor den Politikern, aber so haben wir
nicht das Recht, anderen zu sagen, wie sie
sparen sollen.
Zum Schluss hätte ich noch gern ein Plä-
doyer für Familienunternehmer.
Das Herz muss dabei sein. Unternehmer
sein, hat immer auch etwas mit Risiko zu
tun. Wenn ich nicht bereit bin, diese Risi-
ken einzugehen, brauche ich auch kein Un-
ternehmer zu sein, dann bin ich auch kei-
ne gute Führungspersönlichkeit. Ich finde
es auch gut, wenn Kinder sagen, ich ma-
che es nicht um jeden Preis. Ich glaube
allerdings auch daran, dass man die Kin-
der sehr früh zu verantwortlich denkenden
Unternehmern erziehen kann. Das soll-
te schon im Kindergarten, in der Schule
beginnen. Das Schöne an der Wirtschaft
wird leider nicht vermittelt. Die Unterneh-
mer müssen in die Schulen und es erklä-
ren und die Kinder müssen in die Unter-
nehmen und es sich ansehen.
Herr Prof. Weissman, vielen Dank für das
Gespräch.
WIRTSCHAFT 43
„Ausgeglichener
Haushalt?
Nein, wir haben ja
Wahljahr und es wird
jede Klientel beschenkt,
die einen wählen
könnte.“
sind also keine Kapitalmarktunternehmen.
In Deutschland gibt es 4,5 Millionen nie-
dergelassene und registrierte Unterneh-
men, da sind auch viele Kleinstunterneh-
men dabei, die Wertschöpfung der Großen
ist natürlich so groß wie von hunderttau-
send Kleinen zusammen. Insoweit ist die
reine Zahl ein wenig irreführend. Aber die
familiengeführten Unternehmen bestim-
men über den Wohlstand in unserem Land
und über den sozialen Frieden, sie schaffen
die meisten Arbeitsplätze. Die meisten Mit-
telständler haben nach der Krise gelernt,
haben sich strukturell angepasst. German
Mittelstand, wie die Amerikaner sagen, ist
gut für die Zukunft aufgestellt.
Was unterscheidet den German Mittel-
stand neben der Größe von den Global
Playern?
Sie sind viel verwurzelter in der Region, de-
nen müssen sie nicht erzählen, dass sie so-
ziale Verantwortung übernehmen müssen.
Der entscheidende Unterschied ist aber,
der Kapitalmarkt denkt in Quartalen, das
Familienunternehmen in Generationen. In
schlechten Jahren gibt es dann eben mal
keine Ausschüttung, die Telekom muss im-
mer ausschütten, weil das die Aktionäre er-
warten, dementsprechend handeln sie. Ich
sage ja nicht, dass es den Kapitalmarkt
nicht geben soll, aber es ist viel wichtiger,
dass es Familienunternehmen gibt.
Apropos Kapitalmarkt, ist die Eurokrise
überwunden?
Nein, weil die strukturellen Probleme der
Länder ja da sind. Im Moment wird Feuer
mit Feuer bekämpft. Wir spüren das im Mo-
ment nicht so, weil die Europäische Zent-
ralbank die Märkte mit Geld flutet, wie es
auch die Amerikaner und die Japaner ma-
chen. Die ganze Welt hat sich entschie-
den, eine Industrie zur Höchstleistung zu
treiben, das ist die Notenpresse. Damit
haben sie ein System aus der Balance
gebracht, das man so auch nicht mehr ein-
fangen kann. Dazu kommt, dass die Grie-
chen ihre Schulden niemals werden zu-
rückzahlen können, weil ihre Wirtschaft
nicht wettbewerbsfähig ist. Wenn wir den
Griechen wirklich helfen wollen, müssen
wir ihnen 1. die Schulden erlassen. Das
Geld, was wir ihnen derzeit geben, nutzen
sie, um es uns zurückzuzahlen. Wie albern
ist das denn? 2. Man muss ihnen den har-
ten Weg der Restrukturierung aufpfropfen.
Denn nur, wenn sie wettbewerbsfähig wer-
den, haben sie eine Chance. Man darf da-
bei aber eines nicht vergessen, der größ-
te Profiteur vom Euro ist Deutschland. Was
mich aber extrem ärgert, ist, dass die wirk-
liche Krise in Amerika stattfindet, aber die
uns erzählen, was für Fehler wir machen.
Die Amerikaner kritisieren zum Beispiel,
dass Deutschland zu wenig für die Stabili-
sierung in Europa tut.
Wir sind der Vorreiter in Europa, wir haben
die Hausaufgaben dank der Agenda 2010
gemacht. Wir sind aber wieder viel zu zö-
gerlich mit Veränderungen, die wir brau-
chen. Weil wir denken, uns geht es doch
gut. Nein. Jetzt müssen wir richtig Gas
geben. Bei den Steuereinnahmen muss
doch ein ausgeglichener Haushalt möglich
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